BIKE LANES OF DOOM
Corona-Viren kommen und gehen – das bleibt zumindest zu hoffen. Was ziemlich sicher aber bleibt, ist die desolate Radverkehrssituation in Osnabrück. Das werden wir uns auch in Form weiterer Beiträge hier bei der KLOZ noch näher ansehen.
Beginnen wir aber erst einmal mit einer Bestandsaufnahme der in Osnabrück zahlreich vorhandenen Bike Lanes of Doom. Unter diesem Titel wollen wir Euch im Wochenrhythmus die abenteuerlichsten Verkehrsführungen für Radfahrer*innen vorstellen – wer es nicht mit eigenen Augen gesehen hat, mag womöglich gar nicht glauben, welch Missstände Gruppen wie die Critical Mass oder der ADFC seit vielen Jahren anprangern.
Wir haben errechnet, dass wir diese Serie – hinreichende Disziplin und Durchhaltevermögen vorausgesetzt – bei wöchentlicher Frequenz bis ins Jahr 2043 fortsetzen können. Oder so.
Aber fangen wir doch erst einmal mit dem ersten an. Der erste Bike Lane of Doom of the Week ist der:
Radfahrstreifen Schlosswall in Richtung Johannistorwall

Es geht hier um das Stück von der Ecke Schlosswall/Martinistraße (gegenüber der Osnabrück-Halle) bis zur Ecke Schlosswall/Schlossstraße.
Kommt man vom Heger Tor gefahren, freut sich der pedalierende Mensch kurzzeitig über ein Stückchen neuen Radweg mit über 3m Breite. Hier war oft von einer sogenannten „Protected Bike Lane“ die Redem wobei von Protection allerdings nicht viel zu sehen sei, wie der Blogger Daniel Doerk feststellte. Nach 200 Metern wird es dann auch schon wieder und unübersichtlich, bevor nach der Martinistraße unser Bike Lane of Doom of the Week beginnt.
Review: Bike Lane of Doom am Schlosswall
Die Tour beginnt mit einer großen Pfütze – bei stärkerem Regen als Niesel bildet sich direkt an der Ecke Martinistraße/Schlosswall ein rund zwei Quadratmeter großes Gewässer, welches es zunächst zu durchqueren gilt. Hier gilt es abzuwägen: Nasse Füße oder ein Schlenker in den Autoverkehr?
Man befindet sich nun auf einem sogenannten Radfahrstreifen. Ein Radfahrstreifen ist ein auf die Fahrbahn aufmarkierter Radweg, welcher der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen zu Folge über eine Breite von 1,60 Meter plus X, bei Schwerlastverkehr auf jeden Fall mehr, haben sollte – plus 25cm für die Markierung.
In Osnabrück ist man hier noch ein paar Zentimeter von den Richtlinien entfernt. Zwischen Markierung und Rinnstein bleiben hier etwa 1,10 Meter. Zumindest in der Theorie: Rechts des Wegen befinden sich nahezu durchgehend Parkplätze, und steht hier ein etwas breiteres Auto oder hat jemand schlecht eingeparkt, werden es vielleicht auch mal nur 1 Meter oder 90 Zentimeter.

Links des Radstreifens befinden sich abgetrennt von einer rund 10 Zentimeter breiten Linie zwei Fahrspuren für Kraftfahrzeuge je Fahrtrichtung. Die Breite der Fahrspuren beträgt hier etwa 3m. Zahlen: Ein moderner LKW wie der Mercedes Actros ist 2,5m breit, ein durchschnittlicher Fahrradlenker besitzt eine Breite von rund 60 Zentimetern.
Das sollten Radfahrer*innen im Hinterkopf behalten, wenn es auf dieser Strecke weitergeht. Auch nach der Kreuzung Rehmstraße nämlich finden sich Parkplätze am rechten Straßenrand, allerdings baulich etwas anders ausgeführt und mit einer Breite von 1,70 Meter. Noch ein weiteres Maß: Ein aktueller PKW kommt gut und gern mal auf 1,85 Meter Breite – mit Außenspiegeln in der Fahrspur ist zu rechnen. Genauso wie mit Gullideckeln von etwa 40 Zentimetern Breite in 3-4 Zentimeter tiefen Mulden.
Bikelane of Doom: Wir haben rund 1,10 Meter Breite gemessen. So genau lässt sich das aber hier nicht sagen.
Kommt nun von hinten der – wir erinnern uns – 2,50 Meter breite 40-Tonner, und jetzt wird es spannend. Zu jeder Seite des Lenkers bleiben circa 50 Zentimeter Platz, so lange jetzt kein Spiegel kommt oder Gulli – oder sich spontan eine Autotür öffnet. Bloß nicht an der Nase kratzen jetzt! Für solche Gedanken bleiben hier aber keine Zeit, denn der die aufgeplatzte Oberfläche der einst vielleicht in guter Absicht aufgebrachten Markierung und das leicht in Richtung der parkenden Autos abfallende Niveau verlangen höchste Konzentration.
Fazit: Nervenkitzel pur! Hier zieht die Stadt alle Register, der radelnden Bevölkerung zu zeigen, was ihr gebührt: super tight + mint condition, wie es heute so heißt. Schäbiger Zustand, geringe Breite, große schnelle LKW auf der einen Seite, parkende Autos auf der anderen. Mit Lastenrad oder Anhänger ist dieser Weg faktisch unpassierbar. Abhilfe könnte hier durch die Verbreiterung des Radwegs über die Parkplätze leicht geschaffen werden. Doch mit jedem einzelnen parkenden Wagen am Wegesrand wird demonstriert, wo die Prioritäten liegen: Nicht bei der Sicherheit des Radverkehrs. A real Bike Lane of Doom.