Alle Artikel in: Wie wir leben wollen

Leere Kassen, volle Parkhäuser: Hier soll es um Lokalpolitik gehen. Und das bedeutet, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie wir in Osnabrück eigentlich leben wollen. Was können wir ändern und was nicht? Und wer hat überhaupt Interesse an was?

Kartoffel und Engel

Unpolitische Randale?

Kolumne Abenteuer Atmung 400 bis 500 Leute haben in der Nacht auf Sonntag in der Stuttgarter Innenstadt randaliert und sich mit der Polizei gehauen. Letztere schließt eine politische Motivation für die Krawalle derzeit aus.  Was wohl richtig ist: Es waren anscheinend keine „gewaltbereiten Autonomen“ (zur Erklärung: Das sind die, die von manchen Medien als „wahre Teufel“ bezeichnet werden, wenn sie ein paar Autos anzünden). Und es war auch nicht die gute alte „Gewalt von links und rechts“ (das ist die, die immer verurteilt wird, wenn Nazis Menschen ermorden).    Aber wenn mehrere hundert Leute eine Innenstadt zerlegen und sich Straßenschlachten mit der Polizei liefern, dann gibt es dafür tiefer liegende Gründe, und die sind sowas von politisch. Das nicht sehen zu wollen, zeigt, a) dass man sich für die wahren Ursachen solcher Phänomene nicht interessiert. Oder b) dass man auf gar keinen Fall drüber reden will.  Und richtig: Nur wenige Stunden nach der ganzen Aktion weiß der rechte, deutsche Internet-Otto vermeintlich schon Bescheid: Schuld haben die Migranten, die sich einfach nicht benehmen können. Wer sonst.  …

Kartoffel und Engel

Zum Versenken von Statuen

Kolumne Abenteuer Atmung Heute habe ich im Internet gelesen, dass antirassistische Demonstrant*innen in der englischen Stadt Bristol die Statue eines Sklavenhändlers aus dem 17. Jahrhundert ins Hafenbecken geschmissen haben. Das war keine friedliche Aktion. Trotzdem eine gute, wie ich finde. Und ich denke, wir sollten uns in Deutschland ein Beispiel daran nehmen und auch mal ein paar Statuen versenken. Oder einschmelzen, zertrümmern, was weiß ich. Je nach Material.  Natürlich habe ich schon ein paar im Auge. Anfangen könnten wir mit dem großen Philosophen Immanuel Kant. Er hat viele angeblich fantastische Dinge aufgeschrieben. Ob sie wirklich so genial sind, weiß ich nicht, ich kapiere nichts davon.  Aber manchmal hat der alte Immanuel sich auch sehr klar ausgedrückt. Zum Beispiel in diesem Satz: „Die Menschheit ist in ihrer höchsten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen.“ So spricht ein rassistisches Arschloch.  Ich höre Leute sagen: „Ja meine Güte, das war halt damals so.“ Okay, aber dann war es halt damals scheiße.   Kant hatte bestimmt auch viele gute Gedanken, auch wenn ich zu doof bin, um sie nachzuvollziehen. …

Es geht um Rassismus

Kolumne Abenteuer Atmung George Floyd, Ahmaud Arbery, Amy Cooper: Wenn du von keiner dieser Personen gehört hast, deutet das entweder hin auf kolossale Ignoranz deinerseits. Oder du hast gerade echt viel zu tun.  Bau eines Bunkers für die Apokalypse, großes Mikado-Turnier mit den Eltern, Lektüre der Heiligen Schrift: Was immer dich bis jetzt davon abgehalten hat, die Ereignisse wahrzunehmen, die mit diesen drei Namen verbunden sind: Leg es kurz zur Seite und google sie.  Lies nicht weiter, bevor du weißt, wer Floyd, Arbery und Cooper waren bzw. sind.  Ich werde hier nicht versuchen, die Ereignisse zusammenfassen. Das schaffe ich nicht. Es ist einfach viel zu viel Material, die Themen sind riesengroß. Guck dir die Videos an, wenn du es ertragen kannst. Geh auf Facebook, Youtube, Instagram, Twitter und guck dir die Reaktionen an. Hör dir an, was die Menschen sagen, lies dir durch, was sie schreiben. Investiere ruhig mal ein, zwei Stunden.  Es geht hier nicht darum, was ich zu sagen habe. Warum bist du überhaupt noch hier? Informieren sollst du dich! Medienkompetenz!  Beim Informieren …

Elektro Strothmann Pressefoto Geldscheiß Action System 2020

Freut euch und seid froh!

Kolumne Abenteuer Atmung Corona, Nazis, die Autoindustrie: alles scheiße. Ich möchte euch aber am heutigen Sonntagabend etwas Positives mitgeben. Darum gibt es ein paar Dinge, die in der vergangenen Woche ganz besonders toll waren. Don’t worry, be happy.  Das erste tolle Ding: gleich ein Bonus, sozusagen ein Überhang von letzter Woche. Letzten Sonntag habe ich nämlich vergessen, meine Kolumne zu schreiben. Wie das passieren konnte? Keine Ahnung, vielleicht waren es doch einfach zu viele Drogen damals. Alkohol, Upper, Downer, Heuler, Lacher, Halluzinogene: viel Stress für die graue Frikadelle im Kopfschädel, da kann einem schon mal was durchrutschen. Aber das Vergessen der Kolumne hatte einen riesengroßen Vorteil, und den möchte ich gemeinsam mit euch feiern: Ich hatte einen echt entspannten Sonntag.  Montag und Dienstag waren okay, aber Mitte der Woche kam dann eine Nachricht rein, die mich nachhaltig elektrisiert hat: Am Montag, 25. Mai – morgen! – dürfen die Fitnessstudios in Niedersachsen wieder öffnen. Ich jubilierte und frohlockte, denn ich kämpfe des Öfteren mit lähmender mieser Laune, auch ohne Corona, und das Stemmen schwerer Gewichte hilft …

Foto von Elektro Strothmann

Handstand an der Wand

Kolumne Abenteuer Atmung Eigentlich wollten wir Anfang Mai nach Italien. Der Urlaub soll nachgeholt werden, vielleicht im Herbst, wir haben Gutscheine von Bahn und Hotels bekommen. Aber meine Frau hat trotzdem jetzt Urlaub. Es ist alles kompliziert genug für die Arbeitgeber.  Ohne Corona wären wir vielleicht genau jetzt im Kolosseum. Stattdessen sitze ich mit Laptop in der Küche und schreibe eine verfickte Kolumne über etwas, das nicht stattfindet. Jetzt da ich darüber nachdenke, wird es mir auch gleich zu blöd. Dann doch lieber über reale Ereignisse.  Aber es ereignet sich ja nichts. Zumindest nicht bei mir. Worüber soll ich bloß schreiben? Ich habe KLOZ-Boss Gausmann versprochen abzuliefern. Und wer nicht abliefert, ist überflüssig im Kapitalismus. Das ist einfach so. Okay, ruhig bleiben. Ich gucke in meinen Ideen-Ordner. Was gehen würde: ein kurzer Text darüber, wie ich im Auto an der Ampel furze, während ich der Person im Auto neben mir in die Augen sehe. Haha. Nein, die Story ist zu gut, um sie voreilig abzufeuern. Die kommt später. Vielleicht zum Nikolaustag, mal sehen. Ich könnte …

Iburger Straße: Ressourcenkampf

Bike Lanes of Doom Wie auch an anderen Stellen in Osnabrück versuchte man sich an der Iburger Straße an der Quadratur des Kreises: Fußweg, Parkplätze, Radweg und zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr auf jeder Seite zwängen sich zwischen die dezent heruntergekommenen Häuserfronten. Bis ins Jahr 2004 sah es hier noch etwas anders aus: Die bis dahin existierenden Busspuren, die sich wie etwa in der Natruper Straße prinzipiell auch als Radweg mitnutzen lassen würden, wurden auf Beschluss der damaligen CDU/FDP-Ratsmehrheit just nach erfolgter Sanierung wieder abgefräst. Das Vorgehen war damals recht umstritten, wie aus einen Artikel im Archiv der Neuen Osnabrücker Zeitung hervorgeht. Heute gehen die Planungen wieder in die entgegengesetzte Richtung. Wer nun von der Innenstadt mit dem Rad nach Nahne oder in Richtung Oesede möchte, ist in Ermangelung an Alternativen gezwungen, sich entlang der engen Ausfallstraße zu bewegen. Die startet am Rosenplatz erst einmal mit einem Radfahrstreifen auf der Straße und wird dann zwischenzeitlich mal über einen getrennten Geh- und Radweg auf der anderen Seite des Bordsteins, dann wieder auf Straßenniveau geführt. Die …

Foto von Elektro Strothmann

Klickt die Scheiße einfach weg

Kolumne: Abenteuer Atmung Heute leitet mir jemand ein Youtube-Video weiter mit dem Hinweis: „Guck dir das unbedingt mal an!“ Ich verrate den Videotitel an dieser Stelle nicht. Nur so viel: Er enthält die Worte „Corona“ und „Volksverrat“.  Ich bin ein bisschen dankbar für den Titel, denn er spart mir Zeit. Man muss nämlich nichts vom Video sehen, um zu wissen, dass es rechte Verschwörungstheorien enthält.  Ich wage nebenbei mal eine These: Jeder, der anderen „Volksverrat“ vorwirft, ist ein Nazi – oder hat das Potenzial, bald einer zu werden. Aber das nur am Rande. Auch wenn der Titel subtiler wäre, gäbe es andere Alarmzeichen. Zum Beispiel die Fotomontage rechts im Bild. Bill Gates als Puppenspieler, gekleidet wie der Imperator aus Star Wars. Mit deutschen Politikern und Virologen als Marionetten.  Was man nicht wissen muss, aber wissen kann: Der Puppenspieler ist ein verbreitetes antisemitisches Klischee. Es transportiert das Bild des Juden, der im Hintergrund die Fäden zieht. Okay, Bill Gates ist kein Jude. Die Botschaft kommt trotzdem rüber: Reiche Eliten aus dem Ausland kontrollieren Merkel, Spahn und …

Corona-Zustand in der Osnabrücker Gastronomie: Gähnende Leere. Foto: Marco Gausmann

Jobben in der Gastro in Zeiten von Covid-19

Der Corona-Virus verändert bekanntlich vieles, doch kaum eine Branche ist derart heftig betroffen von den gesetzlichen Regelungen zur Kontaktreduzierung wie die Gastronomie. Während Inhaber*innen gastronomischer Betriebe noch in der Lage sind, gewisse staatliche Hilfen zu beantragen, um weiter über die Runden zukommen, stehen deren Angestellte meist nicht die gleichen Optionen zur Verfügung. Um nicht gleich zu Beginn missverstanden zu werden: Die Folgen der Kontaktreduzierung betreffen uns alle und somit auch alle Formen von Arbeit und Einkommen, doch gerade in dem hier besprochenen Bereich arbeiten die meisten Menschen nun mal auf Minijob-Basis, kaum ein Kellner oder eine Barkeeperin ist heute fest angestellt – und kann somit auch nicht in Kurzarbeit geschickt werden. So kommt es, dass die meisten dieser Menschen mit Beginn der Krise von jetzt auf gleich kein Einkommen mehr hatten – darunter nicht wenige Studierende und andere junge Menschen, die sich so ihre Ausbildung oder ihren Bildungsweg ins Erwachsenenleben zu finanzieren suchten. Das Kernproblem ist bereits erwähnt: ohne Angestelltenverhältnis kein Anspruch auf Lohnfortzahlung – was aufgrund geschlossener Kneipen und Restaurants ohnehin für die meisten …

Dirt Bike Trail #1: Von Osnabrück nach Hasbergen

Bike Lanes of Doom Nachdem ich in der letzten Woche mit der Kreuzung am Hasetor einmal eine der schlimmsten Kreuzungen der Innenstadt unter die Lupe genommen habe, geht’s heute an den Stadtrand in Richtung Hasbergen durch den Hörner Bruch. Spoiler: Eigentlich ziemlich idyllisch, bei dem Wetter. Hasbergen grenzt ja bekanntlich unmittelbar an Osnabrück, insofern kann von einer durchaus hohen Pendler*innenzahl zwischen den beiden Orten ausgegangen werden. Auch die mittlerweile sechs Jahre alte Machbarkeitsstudie zu den Radschnellwegen zwischen Osnabrück und den umliegenden Gemeinden hatte das im Blick und spricht von 2.400 Pendler*innen und insgesamt 10.100 Wegen. Die Studie schlägt auch eine Strecke für einen Radschnellweg vor, nämlich über die ganz passabel befahrbare Katharinenstraße stadtauswärts und dann durch Hellern. Je nach dem wo man in Osnabrück losfährt und im relativ zersiedelten Hasbergen hin will, könnte das ein gehöriger Umweg sein. Ich bin einfach mal der Beschilderung aus der Wüste gefolgt. Zunächst gibt’s auch nahezu perfekte Bedingungen: Viel Platz, kaum Verkehr, was willst du mehr. Die sieben Kilometer dürften so in maximal 20 Minuten geschafft sein. Aber je …